Über die plötzliche, unerklärliche Wut
Schüler kennen „Ausraster“ der Mitschüler, Lehrer, aber auch Eltern – und evtl. von sich selbst. Später findet man keine vernünftige Erklärung für die Heftigkeit der Reaktion auf eine Lappalie, steht peinlich berührt vor anderen, versucht womöglich, zu retten, was nicht zu retten ist, bekommt noch Vorwürfe, das wäre ja nicht das erste Mal gewesen, man könne sich ja mal zusammenreißen.
Doch wie? Vielleicht würde ich mich gerne zurückhalten, wenn ich nur wüsste, was den Wutausbruch auslöst. Oder habe ich einen Gendefekt, falsches Verhalten antrainiert, leide unter Kontrollverlust (was kein Grund, sondern nur eine Beschreibung ist) oder liegt es vielleicht wirklich an den anderen, die so nerven (was ebenfalls kein Grund, sondern nur die Auslöser beschreibt)?
Es gibt sicher mehr Erklärungen für Wutanfälle, doch eine ist: Hunger! Erfahrene Spielplatzeltern wissen, dass sie immer etwas zu essen und zu trinken dabeihaben müssen. Sobald die ersten Anzeichen für schärferen Streit zu erkennen sind, gibt es eine Essenspause; danach geht es friedlich weiter.
Das trifft nicht nur auf Kinder zu: Autofahrer, die die Lichthupe und Hupe meisterlich bedienen und erst im allerletzten Moment ein paar Zentimeter nachgeben; Radfahrer, die zum Spass steile Berge hochkeuchen, doch von einem Fussgänger oder Hund nicht bremsen wollen, weil sie dann wieder beschleunigen müssten; scheinbar entspannte Fussgänger, die auf keinen Fall einen Schritt zur Seite machen wollen, stattdessen andere Verkehrsteilnehmer aufgrund deren ungebührlichen Verhaltens aufs heftigste massregeln. Vielleicht kennt der eine oder andere von sich selbst ein paar Beispiele, bei denen spontan heftige Ausbrüche erfolgten.
Als ein Grund von derlei Seltsamkeiten wird immer wieder Hunger genannt. Zugrunde liegt der Abfall des Blutzuckerspiegels. Da das Gehirn auf eine konstante Versorgung mit Glucose (ein einfaches Zuckermolekül) angewiesen ist, aktiviert der Körper die vermehrte Ausschüttung von Glucose ins Blut. Auch die Nebennieren werden aktiviert und produzieren Hormone wie Adrenalin und Cortisol, die als Stresshormone den Körper auf gefährliche Situationen einstimmen, aber eben auch die Glucoseproduktion anregen.
So vorbereitet können Menschen und Tiere Höchstleistungen vollbringen: Extremklettern, Fußballendspiele, Turnwettkämpfe sind die eine Seite, die andere sind Flucht vor einem hungrigen Wolfsrudel einst oder heute vor einem fast übersehenen Bus. Dumm kann es laufen, wenn ein akuter Hunger über die Adrenalinausschüttung den Impuls gibt, über einen zufälligen, völlig überraschten Verkehrsteilnehmer oder Schüler herzufallen – hoffentlich „nur“ verbal. Wer derlei Anfälle vermeiden will, hat zwei Möglichkeiten:
- Falls ich gerade explodieren will, frage ich mich, ob ein belegtes Brot nicht angenehmer für die Menschheit und mich selbst wäre? Und hole mir dann etwas zu essen.
- Oder ich weiss, ich bin hungrig und deshalb genervt, und halte mich selbst zurück. Diese Fertigkeit habe ich vermutlich mit zwei oder drei Jahren noch nicht fertig entwickelt, hoffentlich aber im Alter von zwölf bis neunzig.
Durch Hunger ausgelöstes schlechtes Verhalten ist also kein Schicksal, sondern kann durchaus kontrolliert werden. Viele Frauen wissen, dass Männer mit leeren Mägen kaum zu gebrauchen sind. Männer wissen dergleichen oft nicht, da, wenn es um Hunger geht, Frauen erheblich besser trainiert sind. Die praktische Empfehlung lautet also:
- Morgens wenigstens eine Kleinigkeit frühstücken.
- In den Unterrichtspausen jeweils ein paar Kalorien zu sich nehmen, da schulisches Lernen das Gehirn stark beansprucht und damit viel Glucose verbraucht.
- Außer im Notfall (z.B., wenn jemand fast umkippt vor Schwäche) keine zuckerhaltigen Getränke, sondern lieber Wasser.
- Etwas Obst, Studentenfutter oder ein Brot mit Käse und Gurke, Tomate usw. ist viel besser als Industriefutter aus der Tüte, da darin immer viel Zucker enthalten ist, was den Blutzuckerspiegel erst steil ansteigen und danach steil abstürzen lässt.
Viel Spass beim gesunden Essen, Lernen und Leben!Gerne steht das ABACUS-Institut Kanton Basel Landschaft unter der Leitung von Armin Abt für weitere Fragen zur Verfügung.Tel.: 061 – 261 70 20